Um beurteilen zu können, wie es Fahrer und Passagieren bei einem Crash ergeht, halten bei den Tests regelmäßig sogenannte Dummies ihren Kopf und ihre Knochen hin. Sie tragen mit ihrem vollen Körpereinsatz dazu bei, herauszufinden, wie Fahrzeuge sicherer werden können. Dazu müssen die Crashtest-Dummies dem menschlichen Körper möglichst ähnlich sein. Denn je größer die Übereinstimmung, desto besser lassen sich Rückschlüsse zu echten Menschen ziehen. Deshalb wurden die Dummies in der Vergangenheit kontinuierlich weiterentwickelt, mit dem Ziel, sie so „lebensecht“ wie möglich zu konstruieren. Nun hat eine deutsche Firma aus dem Münsterland einen noch realistischeren Dummy entwickelt: Die neuartige „Puppe“ kann nach dem geplanten Unfall sogar geröntgt und obduziert werden.

„Biofidel“ nennt sich der neuartige Dummy, den die Münsteraner Firma Crashtest-Service jetzt anbietet. Ein Mensch wäre ganz sicher nicht fidel, wenn mit ihm angestellt würde, was der Dummy ertragen muss. Die 79 Kilogramm schwere Unfallpuppe sitzt nämlich in Autos, die mit einer definierten Geschwindigkeit mehr oder weniger frontal gegen ein feststehendes Hindernis geschleudert werden, um erkennen zu können, was einem menschlichen Insassen dabei widerfahren würde.

Und je genauer der Dummy dem menschlichen Körper entspricht, desto mehr und präzisere Rückschlüsse lassen die Crashtests auf die Praxis im Verkehrsalltag zu. Deshalb verfügt der „Biofidel“-Dummy auch über Knochen, die brechen können, über Sehnen und Bänder, die reißen können, und über Weichteile, die nahezu genauso verletzt werden können wie menschliche Organe. Somit lassen sich mit diesem neuen Dummy-Typ auch innere Verletzungen sehr realistisch simulieren.

Das Besondere an den Biofidel-Dummies ist demnach insbesondere ihre ausgeprägte Vergleichbarkeit mit dem realen Menschen. Diese hohe Übereinstimmung führt der Hersteller auf die spezielle Konstruktionsweise der Unfallpuppe zurück. Denn bei ihr sollen sämtliche eingesetzte Materialen in ihren physikalischen Eigenschaften bestmöglich den „Bauteilen des realen Menschen“ entsprechen: etwa indem die Dichte und Struktur der Dummy-Knochen dem menschlichen Skelett detailgetreu nachempfunden wurden. Hierzu entwickelte Biofidel-Erfinder Michael Weyde, ein langjährig erfahrener Unfallforscher, gemeinsam mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden und der Technischen Universität Berlin Materialien, die der Zug-, Druck- und Biegefestigkeit von menschlichen Knochen entsprechen. Der Werkstoff, der am Ende der Versuche ausgewählt wurde, wird in Formen gegossen, aus denen Dummy-Knochen hervorgehen, die jenen des Menschen sehr nahekommen. Außerdem entwickelte der Unfallforscher mit seinen Partnern aus der Forschung für die Biofidel-Dummies ein spezielles Silikon, mit dem sich das Gewebe von Weichteilen, Muskeln und Fett „lebensecht“ nachbilden lässt und das in seiner Verformung den menschlichen Vorbildern gleicht. Umhüllt wird dieser Körpernachbau von einer sehr realitätsnahen Hautnachbildung aus einer speziellen Latex-Mischung.

Mit diesen Dummies, die dem menschlichen Körper sehr viel mehr entsprechen als bisherige, deutlich starrere Dummies aus Stahl und Kunststoffen, sollen sich kollisionsbedingte Verletzungen von Menschen deutlich realistischer nachstellen lassen. Zudem können Mediziner nach der „Obduktion“ dieser neuartigen Dummies erheblich präzisere Rückschlüsse auf die realen Verletzungen von Unfallbeteiligten ziehen.

Allerdings treffen auch diese Fortschritte nur für Personen zu, die der Anatomie des sogenannten 50-Perzentil-Mannes entsprechen, die also rund 175 cm groß sind und etwa 78 Kilo wiegen. Das sind die statistisch ermittelten geschlechtsspezifischen Durchschnittswerte der Körpergröße und des Gewichts eines männlichen Zeitgenossen. Diesen Maßen entsprechen aber längst nicht alle Männer und schon gar nicht die Mehrheit der Frauen. Deshalb fordern Experten schon seit Längerem, die Anatomie von Crashtest-Dummies jener von weiblichen Personen anzupassen. So soll verhindert werden, dass Frauen weiterhin bei der Weiterentwicklung der Sicherheit von Fahrzeugen benachteiligt werden. Tatsächlich erleiden einschlägigen Statistiken zufolge Frauen bei Unfällen nämlich häufiger schwere oder gar tödliche Verletzungen als Männer. Diesem Umstand wollen die Unfallforscher künftig Rechnung tragen, indem auch der Biofidel-Dummy der weiblichen Anatomie angepasst wird.

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