• Vergleichsportale im Internet – Aufklärer oder Verbraucherverführer?
  • „Der digitale Konsument krempelt den Kfz-Versicherungsmarkt um“
  • GenRe-Studie entdeckt Preisunterschiede bei Portalen

Vergleichsportale im Internet erfreuen sich wachsenden Zulaufs von Verbrauchern, die sich von ihnen Hilfe bei der Suche nach günstigsten Konsumgütern, Strom- und Gasanbietern oder Kfz-Versicherungen versprechen. „Auch beim Abschluss von Kfz-Versicherungen geht am Internet künftig kein Weg mehr vorbei“, stellte Professor Horst Müller-Peters vom Institut für Versicherungswesen an der Fachhochschule Köln jetzt beim jüngsten „Goslar Diskurs“ zum Thema „Wechselverhalten von Kfz-Versicherungskunden“ in Köln fest. Immer mehr deutsche Autofahrer nutzen demnach die einschlägigen Internetportale zum Preisvergleich, bevor sie einen neuen Vertrag abschließen. Vielfach geben die Internetportale aber auch erst den Anstoß, zu einem anderen Versicherer zu wechseln, fand Professor Müller-Peters in einer aktuellen Studie heraus.

Nach jüngsten Zahlen nahmen die online-Abschlüsse bei Kfz-Versicherungen im Zeitraum 2007 bis heute von 9 auf 23 Prozent zu. Gleichzeitig verminderte sich die Zahl derjenigen, die ihr Fahrzeug bei einem Versicherungsvertreter, -makler oder in der Geschäftsstelle eines Unternehmens versicherten, von zuvor 75 auf nur noch 40 Prozent. Beide Wege nutzen laut Statistik inzwischen 37 statt früher 16 Prozent der Versicherungskunden – sie informieren sich im Internet und kaufen ihre Police dann offline. Diese hybriden Nutzer seien zusätzliche online-Kunden von morgen, prognostizieren die Betreiber der Vergleichsportale. Sie setzen zudem darauf, dass insbesondere die jüngeren Autofahrer, die mit dem Internet groß geworden sind, als Neu-Kunden ihre Kfz-Versicherung verstärkt online abschließen werden. „Der digitale Konsument krempelt den Kfz-Versicherungsmarkt um“, brachte Professor Müller-Peters die Situation auf den Punkt.

Doch werden die Portale den Erwartungen, die von ihren Besuchern an sie gestellt werden, auch gerecht? Immerhin wollen die Verbraucher verlässlich und umfassend informiert werden, wollen einfache, aber vielseitige Vergleichbarkeit, wollen eine möglichst bedienungsfreundliche Handhabung des Portals und Datensicherheit. Zudem soll bei Versicherungen die jeweilige Prämie korrekt berechnet sein. Dabei erwarten die Nutzer der Vergleichsportale insbesondere, dass der für sie tatsächlich günstigste Versicherer aus dem vollständigen Anbieterpool ausgewählt wird.

Den finden sie aber auf keinem Vergleichsportal.

Denn dem sparwilligen Autofahrer kann es passieren, dass er die tatsächlich preisgünstigsten Angebote gar nicht angezeigt bekommt, weil bestimmte Versicherer auf dem einen oder anderen Portal gar nicht berücksichtigt werden. So können etwa die Besucher von Check24 nicht in den Genuss der preiswerten Offerten von HUK-COBURG und HUK24 kommen, weil beide auf diesem Portal nicht gelistet sind. Dagegen vermittelt Check24 auch Versicherer, die sich bei Konkurrent Transparo nicht listen lassen wollen. „Die Internet-Portale bieten grundsätzlich nur einen Ausschnitt des gesamten verfügbaren Preisangebots“, erläuterte Marco Morawetz von Gen Re Consulting.

Marktbeobachter und Verbraucherschützer raten diesen Kunden nicht umsonst unisono, immer auch die Ergebnisse mehrerer Internetvergleichsplattformen miteinander zu vergleichen, weil eine Marktlenkung aufgrund eigener Interessen der Plattformen nicht auszuschließen sei. Ihre Empfehlung vor diesem Hintergrund: Auf Nummer Sicher gehen und immer mindestens zwei Portale konsultieren – nach der Devise: check, check and doublecheck!

In einer aktuellen Untersuchung des Kölner Rückversicherer Gen Re (General Reinsurance) gemeinsam mit der Unternehmensberatung NAFI  im Auftrag von Focus-Money (Heft 37/2013), in der die Durchschnittsprämien aller am hiesigen Markt anbietenden Kfz-Versicherer unter die Lupe genommen wurden, konnte sich jedoch die HUK-COBURG auch hinsichtlich der günstigsten Tarife bei Haftpflicht, Teilkasko und Vollkasko als Branchenprimus positionieren. Bei den Direktversicherern ging die HUK-Online-Tochter HUK24 als Sieger aus dem Vergleich hervor. Somit kämen etwa die Nutzer von Check24 nicht in den Genuss der günstigsten Kfz-Tarife, während Transparo diese mit in Betracht zieht.

Bei einem Vergleich von Internetvergleichsportalen für Kfz-Versicherungen durch die Gen Re Consulting im Auftrag des Goslar Instituts zeigte sich jetzt, dass bei einem Fahrzeugwechsel auf Transparo in der Regel das günstigste aller am Markt verfügbaren Preisangebote zu erhalten ist. Bei einem reinen Versicherungswechsel hingegen lagen Transparo und Check24 in dieser Hinsicht gleichauf. „Alles in allem können Autofahrer, die auf der Suche nach der für sie preiswertesten Kfz-Versicherung sind, bei den Vergleichsportalen einen guten Marktüberblick bekommen“, betonten übereinstimmend Johannes Hack, Vorstandsvorsitzender des Transparo-Betreibers Aspect Online AG, und Björn Weikert, Mitglied des Vorstands der Check24 AG. Weikert hob hervor, dass beim Vergleich der Plattformen auch deren unterschiedliche Service- und Beratungsleistungen berücksichtigt werden müssten. Detlef Frank, Vorstandsmitglied der HUK24, sprach sich für die Einführung eines Qualitätszeichens für Vergleichsportale aus. Frank wies darauf hin, dass die europäische Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA an einem Bericht über Standards für Versicherungsportale arbeite. Diese könnten seiner Meinung nach als Mindeststandards gelten, die ergänzt um weitere Anforderungen zu einer Art TÜV-Siegel weiterentwickelt werden könnten.  Eine solche Kennzeichnung könne als Leitfaden für die Verbraucher hilfreich sein, so Frank.

Wie in der Gen Re-Untersuchung im Auftrag des Goslar Instituts ebenfalls deutlich wurde, ist beim Kfz-Versicherungsvergleich im Internet auch aus methodischen Gründen ein Kontrollcheck der Empfehlungen möglichst mehrerer Vergleichsportale angesagt. Denn Versicherungsprodukte sind von ihrer Struktur her nicht so simpel gestrickt, dass sie sich wie Äpfel, Kugelschreiber oder Fernsehgeräte einfach vergleichen ließen. Vielmehr müssen solche Policen wirklich individuell auf den einzelnen Autofahrer und sein Fahrzeug zugeschnitten und berechnet werden, will man die passgenau beste Offerte herausfiltern. „Dafür müssten allerdings rein rechnerisch weit mehr als 10 Trillionen Risiko-Kombinationen einbezogen werden, das ist eine Zahl mit 19 Nullen“, wie Marco Morawetz von Gen Re Consulting beim Goslar Diskurs verdeutlichte.

Nach seinen Worten besitzt somit jeder Versicherungsnehmer jeweils eine eigenständige „Tarif-DNA“, die sich bei Vergleichen im Internet, aber auch in den Medien, nur schwer darstellen lässt. Stattdessen wird diese Komplexität – notgedrungen – vereinfacht und auf vier bis maximal 10 Musterkunden „eingedampft“. „Solche willkürlichen Einzelvergleiche aufgrund einer einzigen, oft willkürlich ausgewählten „Risiko-DNA“ sind jedoch problematisch weil leicht manipulierbar“, warnte Gen Re-Experte Morawetz. Denn schon bei nur wenigen Veränderungen der Parameter ergäben sich gleich ganz andere Tarife für den einzelnen Kunden – mit meist auch neuen Angeboten von anderen Versicherern. Daher seien derartige Einzelvergleichen, wie sie in Medien häufig publiziert werden, letztlich ohne Aussagekraft für den Versicherungskunden, stellte Morawetz fest.

Dieser Problematik sollten sich die Autofahrer, die den Kfz-Versicherer zu wechseln gedenken, weil sie mit den Konditionen ihres bisherigen Vertragspartners nicht zufrieden sind, sehr bewusst sein, betonten er und Professor Müller-Peters beim Goslar Diskurs. Dies gilt aus ihrer Sicht sowohl für die Vergleichsportale im Internet wie auch für gedruckte Versicherungs-Checks.

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