Als besondere Gefahrenschwerpunkte hierbei heben Fachleute die Übergangsbereiche zwischen Wald- und Feldzonen hervor. Dort müsse man mit regelmäßigem Wildwechsel rechnen, mahnt der Deutsche Jagdverband (DJV). Demnach ziehen die Tiere dann zum Fressen vom Wald auf die Felder und suchen anschließend wieder den Schutz des Waldes auf. Solche Gefahrenbereiche werden daher nicht umsonst mit dem Schild „Achtung, Wildwechsel“ gekennzeichnet.

Ein Zusammenstoß mit einem Wildtier werde von Autofahrern vielfach unterschätzt, warnt der DJV. Um die Wucht eines unerwünschten Zusammentreffens von Tier und Fahrzeug deutlich zu machen, rechnet der Jagdverband vor, dass ein 20 Kilogramm schweres Reh bei einer Kollision mit Tempo 100 ein Aufschlaggewicht von fast einer halben Tonne aufweist. Das entspricht etwa dem Gewicht einer ausgewachsenen Kuh. Noch deutlicher macht der DJV die Gefahr, die von einem Wildunfall ausgeht, an einem anderen, keineswegs ungewöhnlichen Beispiel: Bei Tempo 60 schlägt ein Rothirsch im Falle einer Kollision mit rund 5 Tonnen in die Frontpartie eines Pkw ein, dem Gewicht eines Elefanten. Es bedarf nicht viel Phantasie, sich das Ausmaß eines solchen Crashs auszumalen. 

Und die Kfz-Versicherungen registrieren ebenso wie das Statistische Bundesamt jährlich immer deutlich mehr als 200.000 Wildunfälle – 2019 zuletzt sogar 295.000. Das waren so viele wie nie zuvor. Demnach stoßen rein rechnerisch jeden Tag knapp 800 Pkw, die entweder eine Voll- oder eine Teilkaskoversicherung haben, mit Wildschweinen, Hirschen oder Rehen zusammen.

Angesichts des Risikos, das mit Wildunfällen verbunden ist, sollten Kraftfahrer also bemüht sein, solche Vorkommnisse zu vermeiden. Dabei hilft nur vorsichtiges Fahren mit reduzierter Geschwindigkeit bei ständig erhöhter Bremsbereitschaft. Vor allem am Rand von Wiesen, Feldern und Wäldern sollte man in der Dämmerung langsam und vorausschauend fahren. Denn meist tauchen die Tiere in geringem Abstand von 20 Metern oder weniger vor einem auf. Rechnet man dagegen einen normalen Bremsweg bei Tempo 60 inklusive Reaktionszeit von 35,2 Metern, dann wird deutlich, welchen Einfluss die Fahrgeschwindigkeit auf das Zustandekommen von Wildunfällen haben kann. Hierzu ein Beispiel: Springt ein Wildtier in 60 Meter Entfernung auf die Straße kann ein Auto, das mit Tempo 100 unterwegs ist, nicht mehr rechtzeitig zum Stehen gebracht werden, der Bremsweg ist mit 79,2 Meter zu lang. Die Aufprallgeschwindigkeit bei der Kollision mit dem Wild beträgt noch 61,1 km/h. 

Deshalb rät der ADAC dazu, sofort deutlich langsamer zu fahren oder sogar ganz abzubremsen, wenn ein Tier am Straßenrand sichtbar wird. Fernlicht sollte gegebenenfalls gleich ausgeschaltet werden, damit das Tier dadurch nicht geblendet wird und dann unter Umständen genau vor dem Auto stehen bleibt. Hupen ist dagegen empfehlenswert, da durch den Lärm Wild in den meisten Fällen verscheucht wird. Und noch ein wichtiger Rat des Automobilclubs: Wildtiere sind meist nicht allein unterwegs, deshalb können einem Tier weitere folgen.

Wenn nun trotz aller Vorsicht ein Zusammenstoß mit einem Wildtier unvermeidbar war, sollten Autofahrer die Warnblinkanlage einschalten, die Warnweste anziehen und die Unfallstelle sichern (Warndreieck, ggf. Warnblinkleuchte). Das gilt auch, wenn das Tier verletzt geflüchtet ist. Sind Personen verletzt, ist die Notrufnummer 112 zu wählen und Erste Hilfe zu leisten. In jedem Fall muss die Polizei informiert werden – mit genauen Angaben zum Unfallort. In vielen Bundesländern ist laut ADAC bei einem Wildunfall zusätzlich noch ein Jäger zu verständigen. Er stellt dann eine sogenannte Wildschadenbescheinigung aus.

Ist das Tier tot, sollte man versuchen, es an den Randstreifen zu ziehen, um mögliche Folgeunfälle zu verhindern. Dabei empfiehlt es sich, wegen eventueller Parasiten oder Krankheiten den Kadaver nicht ohne Handschuhe zu berühren. Von verletzten Tieren hält man sich besser fern, da sie sich verteidigen könnten. Ansonsten wartet man am Unfallort bzw. in sicherer Entfernung bis Polizei oder ein Jäger eintreffen.

Zu beachten ist ferner, dass angefahrenes Wild nicht vom Unfallort entfernt werden darf. Andernfalls kann eine Anzeige wegen Wilderei drohen mit einer entsprechenden Strafe.

Häufig kontrovers diskutiert wird im Zusammenhang mit Wildunfällen die Frage, ob Fahrer versuchen sollten, durch Ausweichen eine Kollision zu vermeiden? Dazu merken Sicherheitsexperten an, dass solche Manöver gerade bei höherer Geschwindigkeit andere Gefahren mit sich bringen können: wie einen Zusammenstoß mit einem anderen Auto, einem Baum oder einer Leitplanke. Gegebenenfalls landet man dabei auch im Straßengraben. Deshalb warnen Fachleute, dass Ausweichen ein größeres Risiko bedeuten kann als die Kollision mit einem Wildtier. Eine universelle Handlungsempfehlung hierzu gibt es allerdings nicht. Somit kann ein Ausweichmanöver in manchen Situationen durchaus auch die bessere Handlungsalternative sein.

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