Vzbv / Verbraucherrechte brauchen Update für digitale Welt – Verbraucher wünschen sich mehr Schutz im digitalen Raum

„Im digitalen Raum sind Verbraucher besonders verwundbar“, fasst Vzbv-Vorständin Ramona Pop nicht nur die Kernthemen des aktuellen Verbraucherreports zusammen. Auch in den Verbraucherzentralen bundesweit sind Digitalthemen ein Dauerbrenner, wie Pop berichtet. Denn die Zahl der Verbraucherbeschwerden in diesem Segment nimmt immer mehr zu. Da deckt sich der Eindruck der Verbraucherberater mit einer zentralen Aussage der jüngsten Verbraucherbefragung: Rund die Hälfte der Menschen sehen ihre Interessen im Bereich Internet und Digitales „eher nicht gut“ oder „gar nicht gut“ geschützt.

Bereits in den Vorjahren fühlten sich die Menschen in diesem Bereich am wenigsten abgesichert, wie der Vzbv kritisch feststellt. Doch elementar verändert hat sich nach Wahrnehmung der Verbraucherschützer an diesem Zustand seitdem wenig. Dabei erforderten solche Umfragewerte dringend politisches Handeln, mahnt Pop an.

Verbraucherärgernis ungewollte Verträge

Diese Einschätzung untermauern die Verbraucherzentralen mit Zahlen: So wurden von ihnen im Jahr 2023 bundesweit über 92.000 Beschwerden im digitalen Bereich erfasst. Damit entfalle mit 33 Prozent genau ein Drittel aller Verbraucherbeschwerden auf diesen Bereich, erläutert der Vzbv. Für besonders viele Probleme sorgen demnach untergeschobene Verträge, wie ungewollte Verträge für Festnetz, Internet oder Mobilfunk. Viele Verbraucher sehen denn auch hier eine besonders besorgniserregende Schutzlücke: Mit 95 Prozent stimmt die große Mehrheit der Befragten „voll und ganz“ oder „eher“ der Aussage zu, dass Konsumenten besser vor untergeschobenen Verträgen im Internet geschützt werden sollten.

Als besonders schnell zunehmendes Verbraucherärgernis hebt der Vzbv sogenannte Fakeshops hervor. Im Jahr 2023 gingen hierzu mit knapp 7.000 Beschwerden 43 Prozent mehr Reklamationen bei den Verbraucherzentralen ein als zuvor. Bei Fakeshops handelt es sich um Online-Shops, die vorgeben, Waren zu verkaufen. Die vermeintlichen Händler werben in der Regel mit auffallend günstigen Angeboten für beliebte und hochwertige Produkte. Als Zahlungsmittel wird nur eine Überweisung vorab oder gegebenenfalls noch die Kreditkarte akzeptiert. Wurde das Geld bezahlt, tut sich meist nichts mehr, bei Nachfragen wird der Besteller immer wieder vertröstet. Irgendwann reagieren die vermeintlichen Shop-Betreiber dann auch auf E-Mails nicht mehr, telefonisch sind sie ebenfalls nicht zu erreichen. Am Ende sehen die Betroffenen die bestellte Ware ebenso wenig wie ihr Geld wieder. Da solche Fakeshops vielfach auf den ersten Blick nicht als solche zu erkennen sind, haben die Verbraucherzentralen inzwischen eigens einen Fakeshop-Finder eingerichtet.

Gezielte Manipulationen

Auch manipulativ gestaltete Webseiten bedeuten nach den Erhebungen der Verbraucherzentralen ein großes Problem für Nutzer. Dabei versuchen Online-Händler, Konsumenten zum Teil mit Tricks dazu zu bringen, mehr und schneller zu kaufen als beabsichtigt – etwa durch eine bestimmte Gestaltung ihrer Webseite oder Apps. Auf solchen Online-Plattformen würden Verbraucher von Designs gezielt manipuliert, verwirrt oder ausgetrickst, einfache menschliche Verhaltens- oder Wahrnehmungsmuster ausgenutzt, kritisiert Vzbv-Chefin Pop. Folgerichtig geben in der Befragung für den aktuellen Verbraucherreport 79 Prozent der Teilnehmer an, Webseiten dürften nicht so gestaltet sein, dass dadurch Einfluss auf die Entscheidungen von Menschen genommen wird.

Nach Ansicht von Verbraucherschützerin Pop sind viele dieser Beschwerden dem Umstand geschuldet, dass zahlreiche Verbraucherrechte noch aus der analogen Zeit stammen. Sie brauchen dringend ein Update, postuliert die Vzbv-Chefin. Denn im digitalen Bereich seien Unternehmen im Vorteil: „Sie haben die technischen Möglichkeiten, ihre Kunden genau zu analysieren und persönliche Schwächen auszunutzen“, präzisiert Pop. Deshalb sollten digitale Angebote von Anfang an so gestaltet sein, dass sie Verbraucher nicht benachteiligen. „Unternehmen sollten zu digitaler Fairness by Design and Default verpflichtet werden“, erwarten die Verbraucherschützer.

Einen anderen Eindruck zu diesem Thema hat der Digitalverband Bitkom. Verbraucher fühlten sich überwiegend online gut informiert und fair behandelt, teilt Bitkom als Resultat einer eigenen Befragung von Internetnutzern ab 16 Jahren mit. Deren Mehrheit sieht demnach keine Notwendigkeit für zusätzliche rechtliche Vorgaben zum Verbraucherschutz im Internet. Laut Bitkom fühlen sich sogar 39 Prozent der Internetnutzerinnen und -nutzer online fairer behandelt als vor Ort im Laden oder in der Filiale. 33 Prozent halten die Offline-Welt zudem insgesamt für fairer.

Bitkom: Sicherheit im Cyberraum dringlicher

Allerdings fühlen sich nach dieser Erhebung nur 22 Prozent der Befragten online sicherer, 62 Prozent dagegen bei klassischen Angeboten. Dennoch sieht mit 55 Prozent eine knappe Mehrheit keine Notwendigkeit für neue Verbraucherschutz-Vorschriften im Internet. 47 Prozent halten den Verbraucherschutz für genau richtig, 8 Prozent sogar für übertrieben, wie Bitkom mitteilt. Lediglich ein Drittel der Befragten findet den Verbraucherschutz im Internet nicht ausreichend.

Die bestehenden Regulierungsmaßnahmen für Online-Anbieter hätten offensichtlich dazu geführt, dass mögliche Nachteile für Verbraucherinnen und Verbraucher bei Online-Geschäften abgenommen haben und mehr als ausgeglichen wurden, kommentiert Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst die Ergebnisse der Befragung seines Verbandes. Er sieht eher eine Aufgabe darin, die Sicherheit im Cyberraum zu erhöhen, etwa mit Blick auf Hackerangriffe oder den Missbrauch von Daten durch Dritte.

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