Verbraucher sollen Greenwashing besser erkennen können

Mit seinem Beschluss vom 20. Februar 2025 bestätigte der BGH jetzt die vorinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Dessau-Roßlau, dass Nachhaltigkeitsversprechen stimmen müssten. In dem konkreten Fall ging es um Aussagen zur CO2-Kompensation. „Dass der BGH die Entscheidung der Vorinstanz in vollem Umfang bestätigt, hat Signalwirkung für Werbung mit Umweltaussagen weit über die Verkehrsbranche hinaus“, betonte UBA-Chef Messner. Verbraucher müssten darauf vertrauen können, dass Nachhaltigkeitszusagen in der Werbung auch zutreffend seien, erklärte er.

Das UBA hatte in diesem Fall nicht nur die aus seiner Sicht irreführende Werbung bemängelt, sondern auch die CO2-Kompensation beanstandet, die das Busunternehmen seinen Reisenden als Zusatzleistung anbot. Die Offerte verschleiere die Menge des zu kompensierenden CO2-Ausstoßes, kritisierte das Umweltbundesamt.

Stärkung grenzüberschreitender Zusammenarbeit

Die Untersagungsverfügung des UBA war nach eigener Aussage die erste, die die Behörde im Rahmen der EU-internen Zusammenarbeit von Verbraucherschutzbehörden erlassen hat und die gerichtlich überprüft wurde. Der erste Zivilsenat des BGH habe mit seiner Entscheidung (Aktenzeichen I ZB 26/24) nun auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zum Schutz europäischer Verbraucher gestärkt, hebt die deutsche Umweltbehörde hervor. Die EU verschärft derzeit die rechtlichen Rahmenbedingungen für Umweltaussagen, um in diesem Bereich für mehr Klarheit und Transparenz zu sorgen.

So sollen die „Empowering Consumers for the Green Transition (EmpCo) Directive“ (Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel und Anhang) wie auch die „Green Claims Directive“ (Richtlinie zu umweltbezogenen Aussagen) klarere und für alle Marktteilnehmer verbindliche Anforderungen an die Begründung und Kommunikation von freiwilligen Umweltaussagen bringen, wie das Öko-Institut erläutert. In der Praxis bedeutet dies, dass Unternehmen künftig belastbare Nachweise für ihre Umweltaussagen erbringen müssen, die wiederum auf wissenschaftlich fundierten Methoden und überprüfbaren Daten zu beruhen haben.

Gütesiegel oder (Umwelt-)Labels sollen besondere Qualitäten von Produkten und Dienstleistungen hervorheben, wie etwa gesundheitliche, soziale oder ökologische Eigenschaften. Allerdings stellen solche Labels auch wichtige Marketinginstrumente dar. Deshalb werden Verbraucher inzwischen geradezu von einer Flut von Labels überrollt. Es gibt öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Kennzeichnungen. Sie sollen grundsätzlich Verbraucher auf die Güte eines Produktes oder einer Dienstleistung aufmerksam machen, den Hersteller bzw. Anbieter als besonders vertrauenswürdig darstellen sowie letztlich ebenfalls ein Markenimage verbessern und den Umsatz steigern.

Siegel-Dschungel

In Deutschland existiert eine Vielzahl von Gütesiegeln, unter anderem für Lebensmittel, Umwelt, Technik, Internet und Datenschutz, Servicequalität oder Gesundheit. Siegel werden in Deutschland ohne gesetzliche Regelung vergeben, wie das Deutsche Institut für Qualitätsstandards und -prüfung (DIQP) feststellt. Fehlende gesetzliche Regulierungen führten leider oftmals zu einem Missbrauch und der Irreführung von Verbrauchern, bedauert nicht nur das DIQP. Das Institut verweist in dem Zusammenhang auf zahlreiche bekannt gewordene Fälle, in denen Hersteller ein selbst kreiertes Siegel präsentieren und damit die Verbraucher zum Kauf bewegen wollen. Um Transparenz in dem „Siegel-Dschungel“ zu schaffen, hat die Bundesregierung Internetportale wie „Siegelklarheit.de“ ins Leben gerufen. Das Portal „Lebensmittelklarheit.de“ wiederum, ein Gemeinschaftsprojekt des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) mit den Verbraucherzentralen in Deutschland, sammelt Konsumentenbeschwerden zur Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln.

Das Umweltbundesamt hat jetzt im Rahmen eines Forschungsprojekts die Herausforderungen für verlässliche Umweltinformationen vom Freiburger Öko-Institut analysieren lassen. Die Ergebnisse finden sich in dem Bericht „Valide Umweltaussage oder Greenwashing“. Sie sollen laut UBA neben einem Beitrag zu den aktuellen Diskussionen um die EU-Initiativen „Empowering Consumers for the Green Transition“ und „Green Claims“ auch konkrete Empfehlungen für Unternehmen und Verbraucher im Spannungsfeld zwischen valider Umweltinformation und Greenwashing bieten.

Mehr staatliche Regulierung und Kontrollen

Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens zeigten deutlich, „dass Verbraucher eine stärkere staatliche Regulierung und insbesondere eine unabhängige Kontrolle von Umweltversprechen wünschen“, fasst Dr. Florian Antony, Experte für nachhaltigen Konsum am Öko-Institut, die Analyseresultate des Berichts zusammen. Hierzu verweisen die Autoren der UBA-Studie auf eine Auswertung von Verbraucherstudien, denen zufolge vielen Verbrauchern die Umweltfreundlichkeit von Produkten wichtig ist. Sie sind demnach jedoch oft unsicher, welche Produkte tatsächlich umweltfreundlich sind.

Zwar kennen die befragten Verbraucher viele Siegel, ebenso wie die Kennzeichnung „Klimaneutralität“, sie wissen jedoch wenig darüber, was genau diese aussagen, wie die Studie ausweist. Zudem finden die Konsumenten die Anzahl der Siegel bzw. (Umwelt-)Slogans zu hoch und verwirrend. Angesichts der vielen nicht ausreichend substantiierten Green Claims (Umweltaussagen) besteht nach Ansicht der Studienautoren das Risiko, dass Verbraucher nicht nur verunsichert werden, sondern auch Produkte kaufen, die ihre umweltbezogenen Versprechungen und die Erwartungen der Verbraucher nicht erfüllen. Somit sei das Risiko einer „Verbrauchertäuschung“ gegeben, heißt es in der Untersuchung zum Greenwashing. Zudem bestehe das Risiko, dass die Wirkung von substantiierten Siegeln reduziert wird.

Vor dem Hintergrund gibt die Studie des Öko-Instituts im Auftrag des Umweltbundesamts konkrete Empfehlungen, wie Verbraucher besser geschützt und Unternehmen klare Rahmenbedingungen für glaubwürdige Umweltaussagen bekommen können. Dazu zählen

  • eindeutige Definitionen und wissenschaftliche Fundierung: Umweltbezogene Aussagen von Produkten und Dienstleistungen sollen auf klaren, wissenschaftlich fundierten Kriterien basieren.
  • klare Anforderungen an die Begründung und Prüfung von Umweltaussagen: Unternehmen sollen zeigen, dass die von Ihnen getroffenen Umweltaussagen vor dem Hintergrund des gesamten Lebenszyklus der Produkte relevant sind und unabhängige Nachweise für ihre Umweltversprechen vorlegen. Besonders wichtig ist dabei eine regelmäßige Überprüfung der Angaben durch externe Stellen.
  • verbraucherfreundliche Kennzeichnungen: Einheitliche, verständliche und hinreichend begründete Umweltkennzeichen sollen helfen, Orientierung zu bieten. Dabei sollten insbesondere staatlich anerkannte Umweltzeichen mit unabhängiger Zertifizierung stärker gefördert und geschützt werden.
  • Vorgaben für freiwillige Umweltaussagen: Unternehmen, die sich entscheiden, auf freiwilliger Basis Umweltaussagen zu treffen, sollen dies künftig auf Basis von standardisierten Vorgaben und Mindestkriterien tun. Irreführende Werbebotschaften, die durch selektive oder unvollständige Informationen entstehen, müssten vermieden werden, fordert der UBA-Forschungsbericht.

Die Weiterentwicklung des regulativen Rahmens für die Begründung und Kommunikation umweltbezogener Aussagen biete auch für Unternehmen Chancen, argumentiert Öko-Institut-Experte Antony. Denn konkrete und spezifische Vorgaben zu den Mindestanforderungen könnten Unternehmen darin unterstützen, valide Umweltaussagen besser gegenüber unlauteren Behauptungen anderer Marktteilnehmer abzugrenzen.

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