Weitere empfindliche Prozessniederlage für ARAG vor dem Landgericht Düsseldorf

Worum geht es in dem Fall? Die Klägerin ließ sich im Jahr 2016 Brustimplantate mit einer rauen Oberfläche des Herstellers Allergan einsetzen, wie Dr. Ciper berichtet. Diese Implantate erwiesen sich zum Leidwesen der Patientin jedoch später als krebserregend. Die eingesetzten Implantate hätten ein erhöhtes Risiko für das aggressive anaplastische großzellige Lymphom (ALCL), eine Tumor-Erkrankung des Lymphsystems, zitiert Dr. Ciper zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen sowie Statistiken. Daraufhin musste der Hersteller der Brustimplantate, Allergan, im Dezember 2018 diese Produkte zurückziehen.

Zuvor hatte auch der CE-Zertifizierer LNE/G-MED mit Sitz in Paris die weitere Zertifizierung verweigert. Das CE-Zeichen ist ein Hinweis darauf, dass ein Produkt vom Hersteller geprüft wurde und dass es alle EU-weiten Anforderungen an Sicherheit, Gesundheitsschutz und Umweltschutz erfüllt, wie die EU erläutert. Ein CE-Zeichen ist Pflicht für alle weltweit hergestellten Produkte, die in der EU vermarktet werden.

Vor diesem Hintergrund forderten die Prozessvertreter der Klägerin von der ARAG-Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz für ein Vorgehen gegen diesen Zertifizierer sowie dessen Aufsichtsbehörde ANSM (Agence nationale de sécurité du médicament et des produits de santé), die ebenfalls in Paris ansässige französische Behörde für Arzneimittelsicherheit. Begründung: Diese hätten bereits zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt die Zertifizierung der Brustimplantate einstellen müssen, da erste Hinweise auf die Karzinomgefahr bereits seit 2006 und weitere seit 2011 vorlagen.

Verschleppungstaktik

Dagegen argumentierte die ARAG, bei dem Vorgehen gegen den Zertifizierer und die Aufsichtsbehörde mit Sitz in Paris handele es sich um einen sogenannten Inlandsschaden, also einen inner-französischen. Außerdem wandte die ARAG ein, dass das Vorgehen gegen die Behörde ANSM ein verwaltungsrechtlicher Fall sei, der vom Versicherungsschutz nicht umfasst sei. Nachfolgend verweigerte die ARAG mit immer neuen aufgeworfenen Rückfragen und Hinterfragungen den begehrten Deckungsschutz, wie der Rechtsanwalt der Klägerin berichtet.

In einem Mitte Dezember vergangenen Jahres anberaumten Gerichtstermin, in dem über insgesamt fünf Deckungsklagen zur selben Thematik verhandelt wurde, stellte das Landgericht Düsseldorf bereits fest, dass es sich bei den Fällen um Auslandsschadenfälle handele, die somit von der Rechtsschutzversicherung gedeckt wären. Daraufhin habe der Prozessvertreter der ARAG ausdrücklich eine gütliche Einigung in Aussicht gestellt und in dieser Hinsicht ein baldiges Angebot versprochen, blickt der Anwalt der Klägerin zurück. Doch es kam nichts. Stattdessen seien mehrere Rückfragen im Februar, März und April 2024 stets mit dem Hinweis beantwortet worden, ein Angebot werde bald abgegeben, so der Rechtsbeistand der klagenden Partei. Im Mai 2024 sei dann jedoch die lapidare Mitteilung eingetroffen, dass die ARAG kein Angebot machen könne.

Mitte Juli konnte der Anwalt der Klägerin nun vermelden, dass das Landgericht Düsseldorf – wie bereits Mitte Dezember und in weiteren Hinweisbeschlüssen in der Folge angekündigt – die ARAG verurteilte, der Klägerin Deckungsschutz für das Vorgehen gegen die Aufsichtsbehörde ANSM in Paris zu gewähren. Dabei habe die Kammer ausdrücklich festgestellt, heißt es weiter, dass es sich bei dem Rechtsschutzfall um einen „Auslandsschadenfall“ handele und somit um Schadensersatzrecht. Daher habe die ARAG sowohl das Vorgehen gegen LNE/G-MED als auch gegen ANSM abzudecken und einen ortsansässigen Anwalt zu ortsüblichen Honoraransprüchen zu vergüten.

„Moralisch verwerflich und peinlich“

Dazu merkt Rechtsanwalt Dr. Ciper an, dass die ARAG erneut eine völlige Unfähigkeit zur Einsicht zeige, indem sie schwer geschädigten Versicherungsnehmerinnen den begehrten Deckungsschutz verweigere. Dafür habe die Versicherung vom Landgericht Düsseldorf die Quittung präsentiert bekommen. „Das Geld, das die ARAG in marktschreierische Werbeaktionen steckt, spart sie durch eine unbegreifliche Praxis der Regulierungsverweigerung ein. Dies ist nicht nur rechtlich relevant, sondern auch moralisch verwerflich und peinlich“, bemängelt der Jurist. Nach seinen Angaben sollen weitere dutzende Klagen von Kunden gegen die ARAG anhängig oder avisiert sein. Dies scheine „diesen unseriösen Versicherer jedoch nicht zu tangieren“, konstatiert Dr. Ciper.

Derweil wirbt die ARAG weiter mit „Rechtsschutz ohne Wartezeit“ oder mit Claims wie „Zufriedene Kunden & schnelle Hilfe bei Deutschlands größtem Versicherer in Familienbesitz“. Dagegen wendet Rechtsanwalt Dr. Ciper aufgrund seiner Erfahrungen, die er mit dem Rechtsschutzversicherer machen musste, ein: „Die Versicherungskammer des Landgerichts Düsseldorf sowie die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, d. Red.) und die Kunden der ARAG sollten das Regulierungsverhalten der ARAG kritisch hinterfragen. Versicherungsprämien in Milliardenhöhe zu generieren, ohne in den Fällen, in denen es um die rechtlich verpflichtende Erteilung des Deckungsschutzes geht, diese zu erfüllen, ist schlichtweg unseriös.“

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