Elementarschadenversicherung – fit für die Extremwetterzukunft?

Zuletzt dominierten die massiven Hochwasser aufgrund tagelanger Regenfälle in Österreich, Tschechien und Polen die Schlagzeilen. Die Wassermassen verursachten erhebliche Schäden. Komme das Hochwasser in Deutschland an, sei rund jeder zweite Hausbesitzer in den betroffenen Bundesländern nicht gegen daraus resultierende Schäden versichert, warnte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Nach seinen Erhebungen soll die Versicherungsdichte für sogenannte Elementarschäden wie Überschwemmung oder Hochwasser teilweise bei unter 50 Prozent liegen.

Konkret sind demnach in Sachsen 52 Prozent der Hausbesitzer gegen Elementarschäden versichert, in Bayern 47 Prozent der Hausbesitzer bei Hochwasser geschützt und in Brandenburg lediglich 42 Prozent. Bundesweit sollen laut GDV 54 Prozent der Gebäude gegen Naturgefahren wie Hochwasser und Überschwemmung versichert sein.

Menetekel Ahrtal-Flutkatastrophe

Die Bilder von den Zerstörungen infolge der Hochwasser-Katastrophe an der Ahr in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz im Jahr 2021 sind noch präsent. Dabei kamen nicht nur 135 Menschen ums Leben. Auch viele Gebäude und wichtige Infrastruktur fielen den Wassermassen zum Opfer. Bis heute sind die Wunden der Flut noch gegenwärtig, auch wenn beim Wiederaufbau unterdessen deutliche Fortschritte erzielt wurden. Doch vieles ist in der beliebten Tourismusregion erst provisorisch wiederhergestellt, etliche Existenzen dauerhaft zerstört. Zahlreiche Menschen vor Ort sind nach wie vor unzufrieden mit dem Krisenmanagement der Landesregierung: In einer repräsentativen Umfrage zur Flutkatastrophe im Auftrag des SWR in der Region äußerte sich nur rund ein Fünftel der Befragten zufrieden oder sehr zufrieden mit dem Krisenmanagement.

Stattdessen klagen viele von der Flut Betroffene, dass auch die von den Versicherern versprochene schnelle, unbürokratische Hilfe nicht wie gewünscht erfolgt sei. Im Gegenteil, die Verfahren hätten sich als unerwartet kompliziert erwiesen, zitiert etwa die Tagesschau involvierte Anwälte. Der GDV wiederum verweist darauf, dass für die rund 29.000 nach der Ahrflut gemeldeten Schäden 90 Prozent der Schadensumme, rund 2,4 Milliarden Euro, von den Versicherern bereits ausgezahlt worden seien.

Dass, ungeachtet der zunehmenden Extremwetterereignisse, auch hier in Deutschland immer noch rund die Hälfte der Hausbesitzer laut GDV über keinen ausreichenden Versicherungsschutz gegen die sogenannten Elementarschäden verfügt, führt der Verband auf Sparwilligkeit und die Annahme zurück, diese Absicherung nicht zu benötigen. Obwohl es bislang keine Pflicht gebe, sich gegen Elementarschäden abzusichern, werde es angesichts der aktuellen Entwicklungen jedoch immer wichtiger, sie in Erwägung zu ziehen, betonen auch Verbraucherberater. Immerhin erreichte die jüngste Hochwasserlage Mitte September in Mitteleuropa wiederum zum Teil katastrophale Ausmaße in den betroffenen Regionen – mit Toten und teuren Schäden. Dass vor solchen Ereignissen auch Deutschland nicht gefeit ist, machte das Flutgeschehen an der Ahr mehr als deutlich. Starkregen kann jeden überall treffen und Schäden verursachen, auch wenn man auf einem Berg wohnt, betont der vzbv.

Absicherung gegen Naturschäden

Elementarschadenversicherung also – doch was hat es damit konkret auf sich? Mit Elementarschäden sind Beschädigungen gemeint, die durch das Wirken der Natur hervorgerufen werden. Darunter fallen Schäden durch Hagel, Sturm (ab Windstärke 8), Überschwemmung, Erdbeben, Erdsenkung, Schneedruck oder auch Vulkanausbrüche. Für Sturmschäden, Hagelschäden und Schäden nach einem Blitzschlag kommen in der Regel eine Gebäudeversicherung und die Hausratversicherung auf. Andere naturbedingte Schäden, etwa infolge Überschwemmung, Rückstau, Erdbeben oder auch Schneedruck, deckt meist die Elementarschadenversicherung ab. Sie schließt man in Kombination mit einer Gebäude- und Hausratversicherung oder durch eine Erweiterung dieser Policen ab.

Angesichts der Auswirkungen des Klimawandels fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband, dass Elementarschutz in alle – auch bestehende – Wohngebäudeversicherungen integriert werden sollte. Doch eine solche Versicherungspflicht ist umstritten, wie eine öffentliche Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags im März dieses Jahres zu einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/8732) mit dem Titel „Elementarschadenversicherung fit für die Zukunft machen“ exemplarisch verdeutlichte. Dabei erklärte Prof. Dr. Oliver Brand von der Universität Mannheim, dass dem Wohngebäudebestand hierzulande im Zuge des Klimawandels zunehmend Schäden durch nicht mitversicherte Elementarereignisse drohten. Da die Bereitschaft, freiwillig Versicherungsschutz gegen Elementarschäden zu suchen, nicht stark ausgeprägt sei, scheine eine Pflichtversicherung auf den ersten Blick ein probates Mittel, dem Problem abzuhelfen, sagte der Wissenschaftler. Doch eine Pflichtversicherung für Elementarschäden sei zwar abstrakt denkbar, aber im Ergebnis nicht unbedingt zu befürworten. Diese Position begründete Prof. Brand vornehmlich mit den mit einer Pflichtversicherung verbundenen Kosten-Risiken für die Versicherten.

Zu hohe Kosten?

Eine singuläre Pflichtversicherungslösung, wie sie die Bundesländer forderten, verursache explodierende und letztlich unbezahlbare Prämien für die Verbraucher, aber auch die Versicherer, die sich infolge des Klimawandels Stück für Stück aus dem Markt der Naturgefahrenversicherung zurückziehen oder ihn gänzlich aufgeben würden, warnte die stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin Anja Käfer-Rohrbach.

Mehr Vorsorge führe bei Extremwetter zu deutlich reduzierten Schäden und damit zu einer finanziellen Entlastung der Gesellschaft, argumentierte Ernst Rauch, Chefklimatologe der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft Munich Re, für eine bessere Absicherung gegen Elementargefahren. Der Staat könne die Versicherbarkeit und den Preis für Versicherungsschutz durch staatliche Präventionsmaßnahmen sehr positiv beeinflussen, fügte Rauch hinzu. Und Stephen Rehmke, Vorstand der Verbraucherschutzorganisation Bund der Versicherten, stellte fest, dass eine solche Versicherung sich auch als fester Bestandteil einer Wohngebäudeversicherung ausgestalten lasse, ohne dass es „sonderlich systemfremd“ wäre. Er warnte vor einer Abwahlmöglichkeit, wie sie der Unionsvorschlag enthält. Damit werde man nicht annähernd die Versicherungsdichte erreichen, die man bei den klassischen Wohngebäudeversicherungen schon habe und die man für einen tragbaren Risikoausgleich brauche, ist Rehmke überzeugt.

Für den Deutschen Mieterbund mahnte Bundesdirektorin Dr. Melanie Weber-Moritz, dafür zu sorgen, dass die Kosten derartiger Versicherungen tatsächlich von den vermietenden Eigentümern getragen und nicht von den Mietenden gezahlt würden. Einig ist sich die Mehrheit aller Experten hingegen in der Einschätzung, dass wegen der stetigen Zunahme von Groß- und Kleinschadenereignissen aufgrund von Klima- und Wetterveränderungen verstärkte Vorsorge notwendig ist.

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