Bei dem Fall, über den der unter anderem für das Familienrecht zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zu entscheiden hatte, wollte eine Frau die Kündigung der Vollkaskoversicherung durch ihren Ehemann für das Familienauto der fünfköpfigen Familie nachträglich anfechten. Die Klägerin unterhielt bei der beklagten Versicherung eine Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung für das auf ihren Ehemann zugelassene Familienfahrzeug. Am 22. Dezember 2014 kündigte der Ehemann mit einem von ihm unterzeichneten Schreiben die Vollkaskoversicherung für das Familienfahrzeug zum 1. Januar 2015 – wohl weil er Kosten sparen wollte. Daraufhin fertigte die betreffende Versicherung einen neuen Versicherungsschein aus – ohne die Vollkaskoversicherung – und erstattete die zu viel geleisteten Beiträge.

Doch dann wurde das nun so versicherte Fahrzeug der Familie im Oktober 2015 bei einem selbst verschuldeten Unfall beschädigt. Die Reparaturkosten beliefen sich auf insgesamt rund 12.600 Euro zuzüglich Umsatzsteuer. Daraufhin wollte die Klägerin die Kündigung der Vollkaskoversicherung widerrufen und von ihrer Kfz-Versicherung die Kosten für die Reparatur des Autos erstattet bekommen. Begründung: Allein sie als Versicherungsnehmerin habe den Kaskoschutz kündigen dürfen, nicht jedoch ihr Ehemann. Da der Versicherer dies ablehnte, klagte die Frau gegen ihn.

Mit ihrer Klage scheiterte die Frau jedoch nachfolgend vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht. Beide Gerichte verwiesen in ihren Entscheidungen auf die Regelung des § 1357 BGB zum Thema „Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs“. Danach ist jeder Ehegatte berechtigt, „Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen“. Dies könne auch für die Kündigung einer Vollkaskoversicherung gelten, entschied der BGH und bestätigte die Urteile der Vorinstanzen. Somit muss der Kaskoversicherer nicht für die entstandenen Schäden aufkommen.

Gemäß § 1357 BGB könne die vom Ehegatten des Versicherungsnehmers ausgesprochene Kündigung wirksam sein, stellte der BGH fest. Voraussetzung hierfür sei zunächst, dass auch der Abschluss des Versicherungsvertrags ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie darstelle. Dies richte sich nach dem individuellen Zuschnitt der Familie. Da die monatliche Prämie der Vollkaskoversicherung für das einzige Auto der fünfköpfigen Familie sich in Relation zu ihrem Bedarf aus Sicht der Richter in einem angemessenen Rahmen hielt, konnte dieser Versicherungsvertrag auch ohne Verständigung der Ehegatten nach § 1357 BGB mit Wirkung für den anderen Ehegatten geschlossen werden. Wenn dies möglich ist, so die Folgerung der Richter, habe in diesem Fall der Ehegatte auch mit Wirkung für die Ehegattin den Versicherungsvertrag kündigen können. Und da die Kündigung des Ehegatten wirksam war, ließ sie sich von der Ehegattin auch nicht mehr widerrufen.

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