Zudem ermöglicht ein Umstieg auf runderneuerte Reifen nicht nur einen kostengünstigen, sondern auch einen umweltfreundlichen Start in die warme Jahreszeit, wie die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) feststellt. Denn im Vergleich mit Neureifen werden bei der Runderneuerung bis zu 50 Prozent Energie bei Strom und Gas eingespart, so der Leiter des DBU-Fachreferats Wasser, Boden und Infrastruktur, Franz-Peter Heidenreich. Und anders als bei Neureifen wird für die Herstellung der Runderneuerten lediglich ein Drittel des Rohmaterials benötigt.
Damit nicht genug der überzeugenden Umwelt-Vorteile, wie die DBU betont. Auch was die Bilanz beim Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) anbelangt, liegen runderneuerte Reifen laut einer Fraunhofer-Studie in der Fertigung klar vor qualitativ vergleichbaren, hochwertigen Neureifen. Hierzu erklärt die Koordinatorin des Netzwerks AZuR (Allianz Zukunft Reifen), einem Zusammenschluss von über 60 Partnern aus Industrie, Handel und Wissenschaft der sogenannten Tire Circular Economy, und Projektleiterin Christina Guth: „Ein runderneuerter Pkw-Reifen verursacht im Fertigungsprozess rund 63 Prozent weniger CO2-Emissionen als ein Pkw-Neureifen.“ Durch die Herstellung runderneuerter Reifen wurden in Deutschland im Jahr 2021 etwa 115.000 Tonnen CO2-Emissionen im Vergleich zu qualitativ vergleichbaren, hochwertigen Neureifen eingespart, so Guth.
60 Millionen Altreifen jährlich
Auch Automobil-Verbände wie der ADAC heben die Umweltfreundlichkeit der Runderneuerten hervor. Demnach fallen allein in Deutschland Jahr für Jahr knapp 60 Millionen Altreifen an. Nur rund die Hälfte dieser ausgedienten Pneus wird laut ADAC weiter genutzt, etwa indem man sie zu Gummigranulat verarbeitet, das in Sportparks als Kunstrasen und Laufbahn zum Einsatz kommt oder für Dämmmatten gemischt wird. Da bei der Runderneuerung ein Großteil der sogenannten Karkasse, also der Unterbau des alten Reifens wiederverwendet wird, ist der Verbrauch von wertvollen Rohmaterialien wie Gummi oder Stahl geringer. So werden etwa bei einem schweren Lkw-Reifen rund 50 Kilogramm Material eingespart, wie der Automobilclub berichtet. Zudem sollen Runderneuerer nach eigenen Angaben auch 80 Prozent weniger Wasser als bei der Neureifenherstellung, 70 Prozent weniger Rohöl und insgesamt 70 Prozent weniger Energie verbrauchen.
Doch was sind eigentlich runderneuerte Reifen? Grundsätzlich handelt es sich dabei um neuwertige Pneus, die aus Gebrauchtreifen hergestellt werden. Dafür kaufen Firmen, die auf die Runderneuerung spezialisiert sind, abgefahrene Reifen auf und tragen auf deren Unterbau, der sogenannten Karkasse, eine neue Lauffläche auf. Zunächst werden die Karkassen mittels Lasertechnik durchleuchtet und vorgeschädigte Reifen aussortiert. Dann hobeln oder schälen Maschinen die alte Lauffläche von der Karkasse ab, wie der Automobil Club Verkehr (ACV) erläutert. Im Anschluss bekommt der Reifen eine neue Lauffläche, indem diese per Vulkanisierung fest mit dem alten Unterbau verbunden wird.
Und wie sieht es mit der Sicherheit bei Runderneuerten aus? Durch die neue Lauffläche soll der aufbereitete Reifen an die Qualität von Neureifen heranreichen, wie die Automobilclubs berichten. Allerdings unterliegt der alte Reifenkorpus einem natürlichen, alterungsbedingten Verschleiß. Deshalb sollte man beim Kauf auf eine gültige EWG-Zulassung achten und nur von Qualitätsbetrieben kaufen, so die Empfehlung der Experten. Sie raten zudem, von billigen Importreifen aus dem Internet abzusehen.
Bewährte Technik
Die industrielle Runderneuerung sei eine bewährte Technik, die schon lange im Nutzfahrzeugbereich, für Landmaschinen und sogar im Motor-Rennsport zur Anwendung komme, versichert der ADAC. Demnach ist auch jeder dritte Flugzeugreifen runderneuert. Für runderneuerte Pkw-Reifen gelten demnach strenge gesetzliche Vorgaben: So darf eine Karkasse nur einmal runderneuert werden. Zudem sind seit 2006 nur runderneuerte Reifen für den Verkauf zugelassen, die nach der EU-Norm ECE R 108 gefertigt und geprüft wurden. Dies bedeutet, dass Runderneuerte ebenso wie komplett neu gefertigte Reifen mit einem E-Prüfzeichen versehen sein müssen, das mit einem Zahlencode für das Land, das die Zulassung erteilt hat, kombiniert ist. Für Deutschland ist dies „E1“.
Runderneuerte Reifen erfüllen nach Einschätzung des ACV die gesetzlichen Anforderungen an Qualität und Sicherheit und können bedenkenlos gefahren werden. Und in den Reifenvergleichstests des ADAC landeten die Runderneuerten bislang regelmäßig im hinteren Mittelfeld des Rankings. Damit schnitten sie deutlich besser ab als manche Neureifen, wie die Experten des Clubs kommentieren. Und allemal besser als viele Billigreifen aus Asien, die inzwischen den europäischen Markt überschwemmen, so der ADAC.
Derzeit liegt der Marktanteil der Runderneuerten hierzulande noch bei rund fünf Prozent. Doch die Branche hat sich vorgenommen, diesen Wert bis 2027 auf zehn Prozent im Pkw-Bereich zu erhöhen, wie AZuR-Netzwerk-Koordinatorin Guth ankündigt.