Ohne dieses Vertrauen seien keine digitalen Wertschöpfungspartnerschaften realistisch, erklärt Prof. Dr. Fred Wagner, einer der Verfasser der GI-Studie. Solche Kooperationen hält Prof. Dr. Wagner, der an der Universität Leipzig als Professor für Versicherungsbetriebslehre tätig und Mitglied im Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sowie im Deutschen Rechnungslegungs-Standards-Committee ist, jedoch für unbedingt erforderlich, um mittels Datasharing den „Schatz“ der Mobilitätsdaten vollständig und umfänglich heben zu können.

Zu dem Wert dieses Datenschatzes stellt die GI-Studie fest, dass sämtliche Mobilitätsangebote, insbesondere was deren Verbesserung im Hinblick auf Sicherheit und Komfort anbetrifft, grundlegend abhängig von Daten bzw. Datasharing sind. Denn nur durch das Zusammenführen möglichst umfassender Datenbestände, im Optimalfall unterschiedlicher Arten und Quellen, lassen sich umfassende Mobilitätsangebote realisieren – wie etwa multimodale Mobilitätslösungen, bei denen mehrere unterschiedliche Mobilitätsformen genutzt werden. Daraus folgt gleichermaßen, dass die Verfügbarkeit von Daten auch für die Verkehrsteilnehmer selbst einen wichtigen Schlüsselfaktor für zeitgemäße Mobilität darstellt, wie die GI-Studie betont. Schließlich ermöglichen Daten unter anderem Navigation, geben Auskunft über Ankunfts- und Abfahrtszeiten oder das nächste Sharing-Fahrzeug, erlauben die elektronische Ticketbuchung und vieles mehr.

Bei den zukünftigen Mobilitätsangeboten wird es sich zudem nicht mehr hauptsächlich um singuläre Produkte einzelner Akteure handeln. Soviel steht heute schon fest, wie die Verfasser der GI-Studie übereinstimmend mit anderen Experten verdeutlichen. Vielmehr werden die Mobilitätsofferten der Zukunft miteinander verknüpft sein und zusätzliche Leistungen anderer Lebensbereiche integrieren. Insofern ist die Frage nach der Bereitschaft zum Datasharing aufseiten jener Akteure, welche die Mobilitätsdaten generieren, wie etwa der Verkehrsteilnehmer und Fahrer moderner Autos, von höchster Bedeutung für die Gestaltung zukünftiger Mobilität insgesamt, ebenso wie für die Qualität der persönlichen Mobilität jedes und jeder Einzelnen.

Doch bislang werden viele gesellschaftliche und wirtschaftliche Potenziale von Big Data in der Mobilität noch nicht ausgeschöpft. Das macht die Studie des Goslar Instituts ganz deutlich. Dieses Manko führen die Autoren der Untersuchung zum einen darauf zurück, dass Mobilitätsnutzer, wie etwa Autofahrer, gegenüber der Nutzung ihrer Daten durch andere Beteiligte vielfach noch zu skeptisch eingestellt sind. Denn sie befürchten Missbrauch. Zum anderen fällt es vielen „Datenerzeugern“ demnach noch schwer, die Benefits zu erkennen, die sich für sie wie für die Allgemeinheit ergeben können, wenn ihre Daten anderen Mobilitätspartnern zur Nutzung freigegeben werden.

Dabei sind einige Vorteile des Datasharings heute schon in der Praxis erlebbar, etwa in Form der sogenannten Telematik-Tarife, wie sie auch die HUK-COBURG anbietet. Bei solchen Verträgen werden Versicherungsnehmer für vorsichtiges, vorausschauendes und umweltverträgliches Fahren mit Rabatten belohnt. Als Voraussetzung müssen sie bereit sein, ihre Mobilitätsdaten mit dem jeweiligen Versicherungsanbieter zu teilen. Solche, auch „Pay-how-you-Drive“ genannte Tarife, können dem Versicherungsnehmer bares Geld sparen helfen. Dabei wird der in diesem Fall pekuniäre Vorteil des Datasharings für den Einzelnen rasch offenbar.

Solche Kooperationen, die zu fortschrittlichen Lösungen und Services zum Vorteil der Versicherungskunden beitragen, erwartet Prof. Dr. Wagner in Zukunft noch mehr. Hierbei billigt er der Assekuranz-Wirtschaft einen Vorteil, wenn nicht gar einen entscheidenden Vorsprung im Vergleich mit anderen Branchen zu, weil die Versicherungsunternehmen seit Langem gewohnt sind, absolut vertrauenswürdig mit hochsensiblen Kundendaten umzugehen. Das habe ihnen viel Zutrauen beim Verbraucher verschafft, betont Prof. Dr. Wagner. Daher hält er die Versicherungsbranche auch für geeignet, als eine Art Moderator beim Ringen der Beteiligten um geeignete Rahmenbedingungen für die Nutzung von Mobilitätsdaten der Kunden zu agieren.

In Bezug auf diese Rahmenbedingungen beklagen die Verfasser der GI-Studie derzeit noch erhebliche Defizite, etwa was das Fehlen notwendiger rechtlicher Vorgaben anbetrifft. Dadurch werde nicht nur das Vertrauen der Verbraucher in einzelne Mobilitätsangebote ausgebremst, die auf der Bereitschaft zum Teilen von Daten basieren, sondern auch in sogenannte digitale Wertschöpfungspartnerschaften, kritisieren die Autoren dieser Studie. Dies halten sie für umso problematischer, als sie digitale Wertschöpfungspartnerschaften als das erfolgversprechende Modell der Zukunft einschätzen, wie nicht nur GI-Experte Prof. Dr. Wagner betont. Denn ohne Kooperation wird sich der „Schatz“ der Mobilitätsdaten nicht nutzen lassen, weder zum Vorteil Einzelner noch zum gesamtgesellschaftlichen Nutzen, sind sich die Verfasser der GI-Studie sicher.

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